Aufbauend auf dem letzten Beitrag über Farbmodelle geht es in diesem Beitrag nun über die Unterschiede zwischen verschiedenen RGB-Farbräumen.
Farbräume und Farbmodelle werden oft verwechselt. So ist RGB ein Farbmodell, aber kein Farbraum, während sRGB ein Farbraum in eben diesem Farbmodell RGB ist. Wenn man also davon spricht „Gib mir die Datei in RGB“ oder „Wandel mir das Bild in CMYK um“, dann ist das so, als wenn man am Fahrkartenschalter steht und sagt: „Ich möchte eine Fahrkarte in eine Stadt“ – ja, aber in welche denn? Man braucht schon den konkreten Farbraum und nicht nur das Farbmodell.
Folge 03
Unterschiede der RGB-Farbräume
Farbmanagement für Fotografen
Vorteile von Adobe RGB gegenüber sRGB
sRGB wurde für den Austausch von Bildern zwischen verschiedenen Geräten entwickelt, wofür also braucht man Adobe RGB oder gar ProPhoto RGB? Wie sagte einmal jemand: „sRGB kann 16,7 Millionen Farben darstellen, Adobe RGB kann ebenfalls 16,7 Millionen Farben darstellen, wo ist denn da der Unterschied?“. Die Antwort ist ganz einfach: Es handelt sich nicht um die gleichen 16,7 Millionen Farben. Meine Bleistiftbeispiele hatten ja auch jeweils fünf Farben, aber der Buntstift hatte dunklere Farben als der Bleistift. Diese dunkleren Farben des Buntstifts konnte der Bleistift nicht darstellen. So ist das auch bei den verschiedenen RGB-Farbräumen: Adobe RGB kann Farben darstellen, die sRGB nicht darstellen kann. Bei dem Himmel-mit-Wolken-Bild kann das Drittel aus sRGB das Blau des Himmels nicht so leuchtend darstellen wie Adobe RGB, während der CMYK-Druck es noch kann (die Unterschiede können Sie natürlich nur sehen, wenn Ihr Browser vernünftiges Farbmanagement betreibt und Ihr Bildschirm diese Blautöne anzeigen kann). Das aus ProPhoto RGB entwickelte Blau ist sogar noch ein wenig intensiver als das aus Adobe RGB.
Wie bei jedem RGB-Farbraum sind bei sRGB ganz bestimmte Farbwerte für Rot, Grün und Blau festgelegt. Zusammen mit der restlichen Definition ergeben sich damit Grenzen, welche Farben der Farbraum sRGB darstellen kann. Und ja, das bedeutet auch, dass er nicht alle Farben darstellen kann, die wir wahrnehmen können – etwas, worüber ich früher nie nachgedacht hatte. Ich dachte immer, RGB könne alle Farben abbilden, aber zum einen ist RGB kein konkreter Farbraum, sondern ein Farbmodell, und zum anderen können Farbräume wie sRGB oder Adobe RGB nur einen Teil der sichtbaren Farben darstellen. Das betrifft vor allem Türkis und Grün, aber auch kräftiges Blau und Rot kann sRGB nicht besonders gut abbilden. Adobe RGB behebt die Fehler für Türkis und Grün, hat aber ebenfalls Mängel bei Blau und Rot. Erst ProPhoto RGB hat diese Probleme nicht mehr, hat dafür aber andere Tücken.
Statt zu versuchen, die Grenzen des sRGB-Farbraums in einem dreidimensionalen Gebilde zu zeigen, verwende ich exemplarisch drei Ausschnitte aus dem Lab-Farbraum bei den Helligkeiten 66 %, 50 % und 33 %. Die Farben innerhalb der weiß umrandeten Grenze kann sRGB darstellen, die außerhalb liegenden nicht (die hier dargestellten Farben sind natürlich nur eine Annäherung, denn weder Buchdruck noch Lesegerät können alle Farben dieser Ausschnitte des Lab-Farbraums anzeigen – und ja, der Farbraum ist krumm und schief, wie eigentlich alle Farbräume. Daher werden sie normalerweise auch als 3D-Modelle gezeigt. Dies finde ich jedoch auf Papier ziemlich unübersichtlich):
Wenn Ihr Bildschirm den Farbraum sRGB abdecken würde, dann würden nur die Farben innerhalb der weißen Umrandung wirklich darstellbar sein. Bei den Farben außerhalb der Umrandung zeigt es die Farbe, die der nächstliegende Punkt innerhalb der Umrandung hat. Daher sieht beispielsweise die linke obere Ecke wie eine einheitlich grüne Fläche aus.
Auch wenn ich sie hier nicht zeigen kann, unsere Augen könnten Farben außerhalb dieser Umrandung unterscheiden, die in sRGB nicht darstellbar sind. sRGB kann nur gut ein Drittel der Farben darstellen, die unser Auge sehen kann. Dass es nun in der Natur Farben gibt, die sRGB nicht darstellen kann, könnte man ja noch hinnehmen, das wäre nicht so dramatisch. Ärgerlich ist aber, dass Drucker, die mit den Grundfarben Cyan, Magenta und Gelb arbeiten, einige Farben drucken können, die sRGB nicht kennt. Vor allem bei Cyan/Türkis fällt das unangenehm stark auf: Ein Drucker kann Türkistöne drucken, die sRGB nicht kennt. Um das zu verdeutlichen, habe ich bei den folgenden drei Abbildungen den von Druckereien oft verwendeten Farbraum CMYK ISO Coated v2 mit einem cyanfarbenen Umriß im Vergleich zu sRGB eingezeichnet:
Große Teile der beiden Farbräume überschneiden sich, können also in beiden Farbräumen dargestellt werden. Spannender sind die Bereiche, die sich nicht überschneiden. So gibt es vor allem in den Blau/Grün-Tönen im Druckfarbraum CMYK ISO Coated v2 Farben, die es in sRGB nicht gibt. Sprich, wenn man sein Bild in sRGB für den Drucker aufbereitet, kann man diese Farben nicht benutzen. Ich merke das vor allem bei Fotos von türkisfarbener Kleidung: Diese sieht auf in sRGB bearbeiteten Fotos nie so knallig aus wie in natura.
Dieses Problem fiel bereits kurze Zeit nach der Einführung von sRGB auf, als Lösung dafür wurde der Farbraum Adobe RGB eingeführt. Adobe RGB wurde so angelegt, dass es alle der damaligen im CMYK-Druck möglichen Farben abdeckt. Selbst den hier verwendeten modernen Farbraum CMYK ISO Coated v2 deckt Adobe RGB nahezu vollständig ab. Bei den folgenden drei Abbildungen habe ich die in Adobe RGB möglichen Farben mit einem schwarzen Umriss versehen, als Vergleich zum cyanumrandeten CMYK ISO Coated v2:
Eigentlich würde man denken: Okay, also immer dann, wenn ich ein Foto drucken will, sollte ich lieber Adobe RGB verwenden statt sRGB, da in sRGB einige Farben nicht enthalten sind, vor allem Türkistöne und dunkle Grüntöne.
Doch leider gab und gibt es ein Problem: sRGB hatte sich bereits als Standard etabliert und ist auch heutzutage, fast zwei Jahrzehnte später, der De-facto-Standard, was RGB-Farbräume angeht. Und das geht so weit, dass auch heute noch viele Programme und Druckdienstleister nur mit sRGB umgehen können. Adobe RGB sollten Sie nur dann verwenden, wenn Sie sicher sind, dass Ihre Bildbearbeitungsprogramme und Ihre Druckdienstleister es verarbeiten können. Und ganz ehrlich: Nur wenige können mit Adobe RGB umgehen! Als ich anfing, Fotos in hoher Qualität drucken zu lassen, kam ich überhaupt nicht auf die Idee, dass jemand Adobe RGB eventuell nicht unterstützen könnte. Meinen ersten Druck auf einer Leinwand bekam ich von einem Anbieter vor Ort, der einen hochwertigen HP-Drucker stehen hatte. Ich war maßlos enttäuscht vom Ergebnis und dachte erst, dies läge an der Leinwand. Die Farben waren kraftlos, das Bild sah zwar korrekt aus, wirkte durch die schwachen Farben aber einfach nur traurig. Und genau das passiert, wenn Sie einem Dienstleister eine Datei in Adobe RGB geben, er aber nicht damit umgehen kann und sRGB erwartet: Die Farben sind zwar in etwa richtig, sehen aber blass und schwach aus. Hier als Beispiel ein Foto des Amrumer Leuchtturmes. Links: die Farben, wenn korrekt aufbereitet und gedruckt wird. Rechts: die Farben, wenn ich Adobe RGB an den Drucker gebe, der den Farbraum ignoriert (im Fachjargon würde man sagen, der Druckdienstleister hat dem Bild den Farbraum sRGB zugewiesen, obwohl es in Adobe RGB war):
Die Farben sind ähnlich, doch bei der Version in ignoriertem Adobe RGB leuchten sie weniger, da die Druckerei in diesem Beispiel nicht mit diesem Farbraum umgehen kann. Am stärksten fällt das beim Rot des Leuchtturms auf, doch auch das Blau des Himmels leuchtet weniger und sogar im Grün geht etwas Farbe verloren. Das Gleiche passiert, wenn Sie die Datei in einem Programm ansehen oder gar bearbeiten, das mit Farbräumen nicht umgehen kann.
Daraus folgt die wichtige Erkenntnis: Verwenden Sie Adobe RGB nur mit Programmen und Dienstleistern, die damit umgehen können! Ich für meinen Teil habe inzwischen ganz allgemein entschieden, von billigen Druckdienstleistern die Finger zu lassen, denn deren Ergebnisse sind nie so, wie ich mir das vorstelle.
Hinsichtlich Druckdienstleistern vertut man sich übrigens sehr häufig! Ich dachte, die Anbieter, die ich verwende, sind hochwertige Anbieter, die werden ja auf jeden Fall mit Adobe RGB umgehen können. Pustekuchen, auch da klappte es nicht bei jedem Anbieter. Es kam sogar vor, dass es mal klappte und mal nicht. Und selbst die Anbieter, die Adobe RGB annehmen, nutzen die erweiterten Farben erschreckend oft nicht aus (darauf komme ich später in der Serie nochmal zurück).
Ein weiterer Bereich, in dem Adobe RGB angemessen ist, ist für die Wiedergabe auf sogenannten Wide-Gamut-Bildschirmen. Diese Bildschirme zeichnen sich dadurch aus, dass sie Farben anzeigen können, die jenseits von sRGB sind. Wenn Sie Ihre Fotos für solche Bildschirme aufbereiten, wäre es natürlich sinnvoll, den erweiterten Farbraum zu verwenden. Kalibrierte Bildschirme können manchmal sogar noch Farben außerhalb von Adobe RGB anzeigen. Nur ein kleiner Hinweis: Dass ein Bildschirm Farben anzeigen kann, die außerhalb von sRGB liegen, bedeutet noch lange nicht, dass er alle Farben anzeigen kann, die innerhalb von sRGB liegen. Manche Bildschirme können beispielsweise sehr intensive Rottöne anzeigen, die weit jenseits dessen sind, was in sRGB machbar ist, während sie aber dennoch nicht alle Blautöne anzeigen können, die in sRGB abgebildet werden könnten.
Wofür braucht man ProPhoto RGB?
ProPhoto RGB ist einfach noch eine Steigerung: ProPhoto RGB kann wohl ziemlich alle sicht- und druckbaren Farben darstellen und eignet sich daher noch besser für korrekte Farbwiedergabe. Nehmen wir als Beispiel das folgende Foto, das ich drucken lassen möchte:
Ich selbst besitze keinen entsprechenden Drucker, sondern suche mir Dienstleister, die mit hochwertigen Druckern arbeiten und in der Lage sind, korrekt mit Farbräumen umzugehen. Ein typischer Drucker in diesem Bereich ist der Epson Stylus Pro 9900, für den ich bei den folgenden drei Abbildungen das Farbprofil für mein Lieblingspapier Hahnemühle Photo Rag in Rot eingezeichnet habe (der schwarze Rahmen ist immer noch Adobe RGB):
Der Epson kann Farben drucken, die in Adobe RGB nicht enthalten sind, beispielsweise einige helle Gelb und Orangetöne und etwas Grün und Türkis im mittleren und dunklen Bereich. Da ich partout keine Farben verschenken möchte und dieses Bild sehr wahrscheinlich betroffene Gelbtöne enthält, verwende ich einen größeren Farbraum, der diese Farben ebenfalls abdeckt. Das wäre ProPhoto RGB, den ich bei den folgenden drei Abbildungen im Vergleich zum Epson Drucker in Gelb eingezeichnet habe:
ProPhoto RGB ist großzügig bemessen und damit in der Lage, alle Farben abzudecken, die dieser Drucker ausgeben kann. Daher ist für mich ProPhoto RGB der Arbeitsfarbraum der Wahl, wenn ich Bilder als Kunstdruck anfertigen lasse. Allerdings musste ich feststellen, dass noch weniger Druckdienstleister ProPhoto RGB als Adobe RGB unterstützen, und selbst bei denen, die es annehmen, gibt es unterschiedliche Ergebnisse. Falls der Druckdienstleister ProPhoto RGB nicht erkennt oder nicht verarbeiten kann, zeigt das Ergebnis verfälschte Farben. Links: das normale Bild. Rechts: das Bild, wenn es in ProPhoto RGB an den Druckdienstleister gesendet wurde und von diesem als sRGB interpretiert wurde (er dem Foto den sRGB-Farbraum zugewiesen hat):
Die Farben sind schwächer und weichen vom Farbton teilweise etwas ab. Manch andere Firmen erkennen und verarbeiten diese erweiterten Farbräume zwar, aber nicht so, wie ich es erwartet hätte.